Ein Welli macht eine lange Reise im Flieger

Das Wellensittiche fliegen können ist ja bekannt,aber das sie selbst geflogen werden ist eher selten,deshalb hier die Geschichte vom Welli Willi der eine lange Flugreise machte:

Plan

Der Welli Willi hat einen langen Flug von Deutschland nach Japan zurückgelegt. Ich habe wirklich lange mit mir gerungen und ihn dann letztendlich doch mitgenommen.

Willi on air

Meine Planung fing mit den Erkundigungen an, ob und inwiefern in Japan Einreisebeschränkung bzw. Quarantänepflicht besteht. Ich hatte Glück: aufgrund des Washingtoner Abkommens kann ein Wellensittich ohne Hindernisse nach Japan einreisen. Bei grösseren Vögeln sieht das schon wieder anders aus. Natürlich unterscheiden sich solche Bestimmungen von Land zu Land; Amerika z.B. verlangt eine 4-wöchige Quarantäne auch für Wellis. Nachdem diese legale Seite geklärt war, habe ich Meinungen über mein Unterfangen gesammelt: sowohl beim Züchter als auch im Tierladen oder in Mailinglisten und natürlich bei vogelkundigen Freunden habe ich mehr als einmal angeklopft. Gottseidank hatte meine Umwelt viel Geduld mit mir! *grins* Die Meinungen waren geteilt: einerseits ist es gefährlich; der Vogel kann einen Schock erleiden oder gesundheitliche Schäden durch das Fliegen (beispielsweise durch die Kälte hervorgerufen) bekommen, aber andererseits möchte man sich doch nicht auf Dauer von seinem Liebling trennen, der einem so sehr ans Herz gewachsen ist! Letztendlich habe ich mich dann entschlossen, das Abenteuer zu wagen - mulmig war mir schon dabei zumute!

Somit galt es, einen passenden Transportkäfig zu finden. Er sollte nicht zu gross sein, damit die Verletzungsgefahr minimiert wird, falls der Vogel einmal aufgeschreckt wird und im Käfig herumflattert. Aber er sollte natürlich auch nicht zu klein sein, damit dem Vogel nicht die Decke auf den Kopf fällt oder er ständig seinen ganzen Stolz - die Schwanzfeder - ausserhalb des Käfigs hängen hat! Ich bin in Japan fündig geworden: ein Hamsterkäfig mit dem Maß 350x225x270 hatte die grosse Ehre ;-)

Letztlich musste ich noch eine Fluggesellschaft finden, die auch Tiere mit an Board nimmt. Da muss man höllisch aufpassen, denn erstens machen das nicht alle, und zweitens gibt es für diejenigen, die Tiere mitnehmen, strenge Regeln, wie z.B. dass nur eine Tierart oder gar nur ein einzelnes Tier pro Flug mitgenommen werden kann. Kosten tut es übrigens gar nicht so viel. Willis richtiger Käfig wurde im Sperrgepäck umsonst mitgenommen und er selber hat mich 70,- gekostet. Im Vergleich zu mir…. Als alle diese Vorbereitungen getroffen waren, konnte es endlich losgehen!

Vorweg: Willi hat die ganze Reise besser überstanden als ich, da ich die ganze Zeit über unter einer Riesenanspannung stand. Start und Landung war kein Problem, und für seinen Hamsterkäfig hatte ich gottseidank einen eigenen Sitz, so dass er in Ruhe und ohne grosse Wackelei die Reise "geniessen" konnte. Zur Ablenkung hatte er sein Lieblingsspielzeug im Kaefig und bekam Apfelstücke, die er so gerne mag. Eine nette Stewardess hat mir einen ganzen (!) Teller voll geriebener Möhren gebracht, weil sie auch mal Vögels hatte und noch wusste, dass sie die gerne mögen (Willi hat sie aber verschmäht *grins*). Frisches Obst ist besonders auf langen Strecken wichtig, da die Vögel so Feuchtigkeit aufnehmen, auch wenn sie so verschüchtert sind, dass sie nicht zum Wasserspender gehen (ich habe für das Wasser ein Röhrchen genommen, damit es mir nicht schon beim Start auf meine Hose läuft…). Beim Umsteigen in Mailand war Willi der Star des Flughafens. Er hat allen bereitwillig seine Zwitscher- und Redekünste vorgeführt, woraus ich geschlossen habe, dass es ihm nicht allzu schlecht gehen kann.

Beim langen Flug von Mailand nach Tokyo hat er witzigerweise genau zu der Zeit geschlafen, als alle anderen Fluggäste auch geschlafen haben, und ca. 2 Minuten bevor die Stewardessen zum Wecken für das Frühstück kamen, fing er mit seinem Morgenkonzert an… die Stewardessen haetten sich das Wecken auch sparen koennen ;-) Ich hatte ihn die ganze Zeit mit einer Decke abgedeckt, da es im Flugzeug teilweise empfindlich kalt werden kann. Zwischen zwei Lagen der Decke habe ich drei Heizkissen drapiert, die man in Japan kaufen kann und die ca. 18 Stunden lang Wärme abgeben (etwa 40 Grad). Minisauna fuer Willi. Aber immerhin besser als kalte Fuesse! Von Zeit zu Zeit habe ich ihn aus seiner Bude rausluken lassen, damit er sich orientieren konnte. Er hat es prima überstanden!

Trotzdem gab es Probleme noch und nöcher: zuerst hiess es, dass der Vogel nicht mitgenommen werden könnte, da mein eigentlicher Flug in Ermangelung an Passagieren gecancelt war und ich auf eine andere Fluggesellschaft umgebucht wurde, die eigentlich keine Tiere an Board zulassen. :-/ Dann kamen beim Umsteigen Anfragen nach einem gesundheitlichen Attest, wovon ich bis zu diesem Zeitpunkt nichts wusste, was sich dann aber auch letztendlich in Luft aufgelöst hat. Im Nachhinein würde ich aber auf jeden Fall eins mitnehmen; egal was das Reisebüro und die Fluggesellschaft auch behaupten mag. Und schliesslich, in Tokyo, wurde mir beinahe die Einreise verwehrt - NICHT, weil ich einen Welli dabei hatte - der hat sofort einen Stempel am Käfig bekommen - sondern weil in seinem Käfig Apfelstücke lagen.... naja, ich hab die Dinger rausgeholt, wofür ich durch den ganzen Flughafen laufen durfte, weil ich mich geweigert habe, sie in der riesengrossen Halle rauszuholen; schwupp, da wäre der Willi weg gewesen! und dann durfte ich endlich nach Hause.

Fazit: die 22-stündige Reise war schon stressig, aber machbar fuer den Vogel. Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht mit jedem Vogel unternehmen würde. Willi ist ziemlich robust und wenig ängstlich; er ist wahrscheinlich sogar der einzige Vogel, mit dem ich so etwas machen würde. ;-)

Willi

Mittlerweile hat er sich gut hier eingelebt und hat sich zu meiner grossen Freude direkt in Kalle verliebt, der offensichtlich zu meiner grossen Unfreude ein Weibchen ist! Das heisst: bald ist Welli-Alarm! Ich fuerchte den Tag, an dem ich mit der ganzen Meute umziehen werde…

©Katja Dommers,02.02.2000 für »Sittiche Online«.


Anmerkung Sittiche Online: Diese Geschichte soll ihnen zeigen das es durchaus möglich ist Sittiche mit auf eine lange Reise zu nehmen.Trotzdem sollte sowas eine absolute Ausnahme sein und nur mit einem völlig gesunden Tier erfolgen wenn es keine bessere Lösung gibt.Andererseits hatte es Willi um ein vielfaches besser als seine Vorfahren die zu hunderttausenden im 19.Jahrhundert in Australien gefangen und mit Schiffen nach Europa gebracht wurden.

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